Biedermeier Epoche: Möbel & Merkmale

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Die Biedermeier Epoche zeichnete sich durch eine konservative Kultur aus, in der das Privatleben im Mittelpunkt stand. Während die Werte dieser Zeit mittlerweile überholt erscheinen, sind ihre Architektur und ihr Einrichtungsstil auch heute noch beliebt.

Biedermeier Epoche: Eine interessante Idee für den Architekturstil und für die Einrichtung

In Deutschland herrscht bereits seit vielen Jahren eine rege Bautätigkeit. Der Wohnraum ist insbesondere in den Städten knapp geworden. Wenn sich hier dennoch eine Baulücke auftut, liegt es daher nahe, ein neues Gebäude zu errichten.

Wie sehr die Bautätigkeit in den letzten Jahren angestiegen ist, zeigt die folgende Tabelle:

Fertiggestellte Wohnungen in Deutschland
2013 214 817
2014 245 325
2015 247 722
2016 277 691
2017 284 816

Quelle

Wenn ein neues Gebäude entsteht, dann ist es jedoch wichtig, sich darüber Gedanken zu machen, welchen Architekturstil man dabei umsetzen will. Eine interessante Idee stellt es dabei dar, sich an der Biedermeierzeit zu orientieren. Während dieser Epoche entstanden zahlreiche beeindruckende Bauwerke, die zwar relativ schlicht gehalten sind, die sich aber dennoch durch eine herausragende Eleganz auszeichnen. Insbesondere in einem städtischen Umfeld machen sich Bauwerke im Biedermeier-Stil hervorragend.

Biedermeier bietet jedoch nicht nur für die Architektur sehr interessante Möglichkeiten. Auch die Inneneinrichtung dieser Zeit beeindruckt viele Menschen. Biedermeier-Möbel zeichnen sich durch eine hohe Qualität und durch eine herausragende Verarbeitung aus. Eine Wohnungseinrichtung im Biedermeierstil macht daher einen sehr ansprechenden Eindruck. Dieser Artikel stellt die allgemeinen Leitlinien dieser Zeit vor und zeigt anschließend auf, was ihre Architektur und ihren Einrichtungsstil kennzeichnete.

Video: Biedermeier – Literaturepoche einfach erklärt – Merkmale, Literatur, Geschichte, Vertreter

Biedermeier: Wie war diese Epoche gekennzeichnet?

Die Bezeichnung Biedermeier bezieht sich auf die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts – genauer gesagt auf den Zeitraum zwischen 1815 und 1848. Diese Jahreszahlen stehen für wichtige Ereignisse in der deutschen und europäischen Geschichte, die diese Epoche prägten. 1815 fand der Wiener Kongress statt. Dieser setzte dem Aufruhr, der durch die Französische Revolution in Europa entstanden war, offiziell ein Ende. In den Jahren zuvor waren die Fundamente der Gesellschaft ins Wanken geraten.

Althergebrachte Werte wurden dabei vernichtet. Die Kirche verlor enorm an Einfluss und die feudalen Strukturen in Deutschland, die noch aus der Zeit des Mittelalters stammten, wurden abgeschafft. Darüber hinaus wurde Europa über Jahrzehnte hinweg immer wieder mit Kriegen überzogen, die nicht nur die politische Landkarte neu ordneten, sondern die auch unzählige Menschen das Leben kosteten.

1815 kam es schließlich zur Schlacht von Waterloo. Dabei schlugen die konservativen Mächte unter Führung Großbritanniens und Preußens das napoleonische Heer endgültig. Damit waren die Ansinnen der Französischen Revolution ebenfalls besiegt. Noch im gleichen Jahr setzte der Wiener Kongress ein, in dem die führenden Mächte Europas eine Neuordnung des Kontinents aushandelten. Diese entsprach den Vorstellungen der konservativen Siegermächte.

Daraufhin brach die Zeit der Restauration an. Diese brachte nicht nur die Wiedereinsetzung der alten Dynastien mit sich. Auch auf kultureller Ebene kam es zu einer Rückbesinnung auf traditionelle Werte. Ein großer Teil der Bevölkerung lehnte die neuen Ideen, die die Revolution mit sich gebracht hatte, ab. Die Kirche gewann wieder an Bedeutung. Der Durchschnittsbürger hatte keinerlei Bestreben nach einer politischen Anteilnahme. Diese wurde den traditionellen Eliten überlassen.

Das ist der politische und kulturelle Kontext, der Biedermeier prägte. Dieser spiegelt sich auch in der Architektur und in der Einrichtung dieser Zeit wieder. Insbesondere der Rückzug auf den privaten Bereich ist hierbei zu nennen. Die Bürger hielten sich aus der Politik beinahe vollständig heraus. Ihr Rückzugsgebiet stellten die eignen vier Wände dar. Daher wandelte sich die Architektur in dieser Zeit so, dass sie den Aufenthalt zu Hause zum einen gemütlicher gestaltete und zum anderen dabei die Privatsphäre schützte. Auch die Literatur dieser Zeit befasst sich vorwiegend mit privaten Themen, die vollkommen entpolitisiert waren.

Die Entpolitisierung und der Rückzug aufs Private stellen eines der wesentlichen Kennzeichen der Biedermeierzeit dar. Der private Raum wird hierbei stets als sehr idyllisch dargestellt – frei von Problemen und Sorgen.

Das Ende dieser Epoche stellt das Jahr 1848 dar. Zu dieser Zeit kam es zu einer Revolution in Deutschland, die die Ordnung des Wiener Kongresses infrage stellte. Die Bürger strebten wieder nach einer politischen Beteiligung und wollten an der Gestaltung der Gesellschaft aktiv teilhaben. Dieses Ansinnen steht dem Grundgedanken von Biedermeier konträr gegenüber. Obwohl das Jahr 1848 als Ende der Biedermeierzeit gilt, verlief der Übergang zwischen den Epochen fließend.

Bereits viele Jahre vor der eigentlichen Revolution von 1848 machten sich revolutionäre Strömungen in der Gesellschaft breit. Diese werden in der Regel als Vormärz bezeichnet – in Anspielung auf die Märzrevolution von 1848. Vormärz und Biedermeier stellen zwei vollkommen unterschiedliche Strömungen dar, die jedoch zur gleichen Zeit existierten. Bekannte Autoren, die zur Vormärz-Strömung zählten, sind beispielsweise Heinrich Heine und Georg Büchner.

Die Bezeichnung Biedermeier bezieht sich auf die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts – genauer gesagt auf den Zeitraum zwischen 1815 und 1848.

Die Bezeichnung Biedermeier bezieht sich auf die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts – genauer gesagt auf den Zeitraum zwischen 1815 und 1848.(#01)

Woher stammt der Begriff Biedermeier?

Der Begriff Biedermeier stellt sehr anschaulich dar, was diese Epoche prägte. Sie war sehr konservativ und obrigkeitshörig – mit einem Wort bieder. Dieser Ausdruck kam jedoch noch nicht während dieser Zeit auf, sondern erst einige Jahre später im Rückblick. Er entstand in Anlehnung an eine literarische Figur, die die Schriftsteller Ludwig Eichrodt und Adolf Kußmaul entwarfen: Gottlieb Biedermaier.

Dabei handelt es sich um einen schwäbischen Dorfschullehrer, der die Eigenschaften dieser Zeit verkörpert: Er hat ein einfaches Gemüt, lebt gerne in seiner kleinen Stube und gelangt trotz seiner dürftigen Existenz zu Glückseligkeit. Der Begriff Biedermeier war zunächst sehr negativ belegt. Erst ab 1900 diente er als wertneutrale Bezeichnung für die entsprechende Epoche.

Die Literatur der Biedermeierzeit

Die beschriebenen Moralvorstellungen prägten auch die zugehörige Literaturepoche. Beschaulichkeit, Ruhe und Ordnung sind die wesentlichen Werte, die die Autoren dieser Zeit vermittelten. Auch eine konservative und teilweise sogar reaktionäre Grundhaltung sowie Tugenden wie Fleiß und Bescheidenheit stellen prägende Merkmale dieser Epoche dar.

Jegliche Form von Umsturzversuchen oder Aufruhr wird dabei strikt abgelehnt. Darüber hinaus prägt ein starker religiöser Kontext diese Literaturepoche. Die Natur wird dabei in der Regel als Schöpfung Gottes aufgefasst. Als wichtigste Autoren dieser Strömung gelten Heinrich Clauren, Annette von Droste-Hülshoff, Eduard Mörike, Friedrich Hebbel und Franz Grillparzer.

Die Biedermeier Epoche brachte auch ihren eigenen Architekturstil mit sich.

Die Biedermeier Epoche brachte auch ihren eigenen Architekturstil mit sich. (#02)

Biedermeier: Die Kennzeichen des Architekturstils

Die Biedermeier Epoche brachte auch ihren eigenen Architekturstil mit sich. Hierbei handelt es sich um eine Ausprägung des Klassizismus. Die Gebäude orientierten sich daher an den Vorbildern der Antike. Allerdings waren sie deutlich schlichter gehalten – schließlich stellte die Bescheidenheit einen wichtigen Wert dieser Zeit dar. Dennoch wirken die Gebäude aus der Biedermeierzeit anmutig und sehr elegant. Sie verzichten dabei jedoch auf unnötigen Prunk.

Darüber hinaus hat sich während dieser Zeit auch die innere Aufteilung der Wohnhäuser stark verändert. In den vorangegangenen Epochen hatte das öffentliche Leben eine sehr wichtige Bedeutung. Dies war nun jedoch verpönt. Es erfolgte ein Rückzug auf das Private. Die Biedermeier-Architektur begünstigte dies. Beispielsweise wurde es üblich, große Wohnstuben in die Häuser zu integrieren. Diese sind der Vorläufer des heute üblichen Wohnzimmers. Die Biedermeier-Wohnstube ermöglichte ein gemütliches Beisammensein im Kreise der Familie. Auch die Hausmusik war zu dieser Zeit sehr beliebt. Die Wohnstube war hierfür die geeignete Räumlichkeit.

Wenn Sie sich für die Architektur dieser Epoche interessieren, bietet es sich an, einen Ausflug nach Österreich zu unternehmen. Das war die Hochburg des Biedermeier-Stils. Der prägende Architekt war der Österreicher Joseph Kornhäusel. In Wien finden sich zahlreiche seiner Bauwerke. Besonders lohnenswert ist jedoch ein Besuch des Städtchens Baden in der Nähe von Wien. Dieses wurde bei einem Brand im Jahre 1812 beinahe vollständig zerstört. Kornhäusel erhielt zahlreiche Aufträge für den Wiederaufbau, sodass seine Entwürfe den Ort prägen.

Video: Original oder Fälschung? Stilmerkmale von Biedermeiermöbeln

Biedermeier-Möbel: Schlichte Eleganz und hochwertige Verarbeitung

Die Merkmale dieser Epoche machen sich ebenfalls am Einrichtungsstil und an den Möbeln dieser Zeit bemerkbar. Genau wie bei der Architektur sind auch die Möbelstücke dieser Zeit durch eine schlichte Eleganz geprägt. Eine hohe Qualität und eine sorgfältige Verarbeitung stehen dabei im Vordergrund. Darüber hinaus sollten sie zu einer gemütlichen Gestaltung der Wohnstube beitragen. Die Möbel hatten keinen repräsentativen Charakter. Sie sollten hingegen Behaglichkeit ausstrahlen. Bequeme Polstermöbel spielten dabei eine wichtige Rolle. Auch Kommoden und Sektretäre, die zu einer komfortablen Gestaltung des Alltags beitrugen, hatten zu dieser Zeit eine hohe Bedeutung und prägten den Einrichtungsstil.

Biedermeier-Möbel zeichneten sich durch große glatte Flächen aus Holz aus. Das brachte die natürliche Maserung dieses Werkstoffs besonders gut zur Geltung. Zu diesem Zweck kamen für die Fertigung in der Regel Holzsorten zum Einsatz, die sich durch eine intensive Maserung auszeichnen. Dabei bestanden jedoch regionale Unterschiede. In Süddeutschland waren beispielsweise Kirsch- und Nussbaum sehr beliebt. In Norddeutschland wurden die Möbel hingegen vorwiegend aus Birken- oder Mahagoni-Holz gefertigt. Das Holz stellte dabei das prägende Element dar. Die Beschläge waren hingegen klein und unauffällig.


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