Die Kombination aus Home Energy Management Systemen und einheitlichen SmartGridready-Schnittstellen erforscht Wago Contact SA zusammen mit der Fachhochschule Wallis im Rahmen eines Innosuisse-Projekts. Ziel ist es, bidirektionale Stromflüsse zwischen dezentralen PV-Erzeugern, Wärmepumpen und Ladeinfrastruktur intelligent zu steuern. Durch die Harmonisierung von Kommunikation und Standards sollen Netzbetreiber Lastschwankungen besser ausgleichen, Einspeisung lokal optimieren sowie die Netzstabilität erhöhen, um eine nachhaltige flexible Energieversorgung zu realisieren. Die Lösung fördert Effizienz und Kosteneinsparungen.
Inhaltsverzeichnis: Das erwartet Sie in diesem Artikel
Bidirektionaler Stromfluss erhöht Netzinstabilität und erfordert neue Stabilisierungskonzepte dringend

Martial Beutler, Pilotanwender des HEMS (Foto: WAGO Contact SA)
Strom aus Photovoltaik- und Windenergieanlagen liefert umweltfreundliche Elektrizität, stellt Netzbetreiber allerdings vor neue Aufgaben: Die bidirektionalen Flüsse erfordern komplexe Regelungsstrategien und Netzausbau, um Spannung und Frequenz stabil zu halten. Mit jedem zusätzlich in Betrieb genommenen Solarmodul steigen Schwankungen, die in sensiblen Netzabschnitten Verzögerungen von Anschlussgenehmigungen von bis zu dreißig Prozent verursachen können, um die Netzstabilität nicht langfristig zu gefährden. Daher arbeiten Netzbetreiber und Hersteller eng zusammen an gemeinsamen effizienten Steuerungslösungen.
Bidirektionaler Stromfluss in Speichern stellt hohe Anforderungen an Netzstabilität
Technische Speicherformen wie Pumpspeicherkraftwerke oder groß dimensionierte Batteriespeicher werden seit Jahren eingesetzt, um Netze bei hoher Lastspitze zu entlasten. Durch Entladung und Wiedereinspeisung entstehen jedoch bidirektionale Stromflüsse, die dynamische Stabilitäts- und Regelungsmaßnahmen erfordern. Power-to-X-Anlagen verfolgen dasselbe Konzept und wandeln elektrische Energie in chemische Energieträger um. Aufgrund dieses Rückspeiseverhaltens bleibt ihre Wirkung zur Frequenz- und Spannungsstabilisierung begrenzt. Betreiber müssen dafür automatisierte Regeltechnik einsetzen, um Netzschwankungen auszugleichen und effektiv hohe Lastspitzen abzufangen.
Bestehende Infrastruktur effizient stärken: Austauschdrähte, FACTS-Systeme und Phasenschiebertechnologie einsetzen

Prof. Frederic Revaz, Forschungsleiter an der Fachhochschule (Foto: WAGO Contact SA)
Eine kosteneffiziente Alternative zum flächendeckenden Netzausbau besteht im Upgrade Übertragungsleitungen. Hochleistungsleiter mit reduzierter Temperaturkoeffizienz ersetzen Standardkabel und erhöhen die Stromdichte. Durch den Einsatz modularer FACTS-Einheiten lassen sich Blindleistung und Spannungseinbrüche punktgenau regulieren. Phasenschieber transformieren die Lastverteilung und senken Leitungsverluste. Zusammen mit einer intelligenten Netzleitstelle ermöglicht diese Konfiguration eine flexible Anpassung an Lastspitzen ohne Genehmigungsstau, wodurch Kapazitäten schneller verfügbar sind. Auf diese Weise entfällt der kostenintensive Trassenneubau und die Versorgungssicherheit steigt.
Dynamische Verteilung von PV-Ertrag optimiert lokale Stromnutzung und Wirtschaftlichkeit
Kern eines modernen Home Energy Management Systems ist die automatische Priorisierung eigenproduzierten Solarstroms. Nach der Erzeugung bestimmt die Software anhand von Echtzeitdaten zum PV-Ertrag, zum Füllstand von Speicherbatterien und zum momentanen Verbrauch von Wärmepumpen, Wallboxen und anderen Endgeräten die optimale Verteilung. Über intelligente Algorithmen leitet sie den Strom bevorzugt in Haushaltsverbraucher und Speicher, reduziert damit die Netzeinspeisung und steigert die Gesamtrentabilität der Solaranlage deutlich, vollautomatisch ohne manuelle Eingriffe jederzeit zuverlässig.
Verein SmartGridready vereinheitlicht Echtzeitkommunikation zwischen Erzeugern, Verbrauchern und Netzbetreibern
Das Projekt zielt darauf ab, heterogene Schnittstellen von Energieerzeugern, Verbrauchern und Netzbetreibern zu konsolidieren und zu harmonisieren. SmartGridready in Bern koordiniert die Erarbeitung von herstellerunabhängigen Protokollstandards für Messdaten und Steuerbefehle. Durch diese einheitlichen Strukturen lassen sich Echtzeitverbrauchs- und Einspeisedaten nahtlos austauschen. Dies ermöglicht automatisierte Netzstabilisierungsmaßnahmen sowie die Einführung variabler Preissignale, die Stromtarife dynamisch an Angebot und Nachfrage koppeln. Die Standardisierung erleichtert die Integration dezentraler Erzeugungsanlagen und Endgeräte in intelligente Netze.
Zwei Jahre erfasst Wago Contact SA Stromflüsse in Haushalten
In zwölf Einfamilienhäusern der Westschweiz installierte Wago Contact SA über einen Zeitraum von zwei Jahren Messgeräte, um Stromzuflüsse und Abflüsse präzise aufzuzeichnen. Die erfassten Daten bilden die Grundlage für Analysen zu Verbrauchsmustern und Einspeiseleistungen. Bewohner wie Martial Beutler aus Bösingen nutzen automatisierte Ladefunktionen, die das Elektroauto zwischen drei und sechs Uhr morgens beim günstigen Sondertarif aufladen und zugleich das lokale Netz entlasten, die Energieeffizienz erhöhen und den Eigenverbrauch steigern hilft.
Elektriker integrieren Wärmepumpen und Wechselrichter spielend ins smarte Netz
Die Kombination von OT- und IT-Funktionen wird durch die Modifikation eines Wago Industrie-Controllers realisiert. Installateure können Wärmepumpen, Wechselrichter sowie weitere Energiekomponenten ohne komplexe Zusatzhardware in das intelligente Stromnetz einbinden. Über ein intuitives Konfigurationsinterface richten sie Geräte in Plug-and-Play-Manier ein, ähnlich wie beim Einbinden eines Netzwerkdruckers. Echtzeitüberwachung, sichere Kommunikationsprotokolle und automatische Parameterabgleiche ermöglichen eine wartungsarme Integration und erhöhen die Betriebssicherheit dezentraler Energieanlagen. Die Lösung trägt zur Standardisierung und reduziert aufwändige Netzwerkplanungen.
Revaz-Team treibt Smart Grid Integration mit dynamischem Tarif voran
Im Projekt unter der Leitung von Professor Revaz erstellt das Team modulare Treiber, die eine bidirektionale Kommunikation zwischen Smart Grid-Geräten ermöglichen. Durch standardisierte Schnittstellen werden Wärmepumpen, Wechselrichter und Elektroauto-Ladestationen in ein zentrales Managementsystem eingebunden. Die Fachhochschule testet zudem einen Poolbetrieb mehrerer Wärmepumpen, der über einen dynamischen Stromtarif gesteuert wird. Dadurch lassen sich Lastspitzen gezielt reduzieren, Kosten senken und die Netzstabilität nachhaltig verbessern, um Energieeffizienz und Versorgungssicherheit zu steigern. Messdatenflüsse werden kontinuierlich ausgewertet.
Home Energy Management Systeme steigern Eigenverbrauch und Netzstabilität effizient
Im Rahmen der Kooperation zwischen der Fachhochschule Wallis, Wago Contact SA und dem Verein SmartGridready entsteht ein praxisorientiertes Konzept, das Home Energy Management Systeme, standardisierte Schnittstellen und optimierte Netzinfrastruktur nahtlos verknüpft. Diese integrierte Lösung stabilisiert Verteilnetze durch bidirektionale Stromflüsse und reduziert Netzschwankungen. Gleichzeitig steigert sie den Eigenverbrauch erneuerbarer Energien mithilfe intelligenter Steuerung von PV-Anlagen, Speichern und Ladeinfrastruktur. Harmonisierung von Protokollen und kostengünstige Speicherstrategien bereiten das Fundament für eine effiziente, zukunftsfähige Energiewende.

