Vertikalisierung: Bestellen Bauherren künftig direkt beim Hersteller?

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Der Trend zum E-Commerce ist mit einer wachsenden Vertikalisierung verbunden. Immer mehr Baustoff-Hersteller vertreiben ihre Produkte direkt über die eigene Website und beliefern Bauherren oder Handwerksfirmen ohne die Umwege über den Handel.

Welche Vorteile bietet die Vertikalisierung den Herstellern und Kunden?

Der Einkauf im Internet wird immer beliebter. Die Möglichkeit, sich schnell über Angebote und Alternativen zu informieren, ohne verschiedene Shops zu besuchen, spart den Käufern Zeit und Mühe.

Darüber hinaus bieten Online-Vergleiche von Preisen und Qualitäten die Chance, eine wirtschaftlich optimale Entscheidung zu treffen. Aus diesem Grund entscheiden sich immer mehr Hersteller für eine Vertikalisierung des Vertriebs und bieten ihre Produkte direkt auf der Firmenwebsite an.

Von dieser Entwicklung sind besonders Unternehmen betroffen, deren Produkte sich anhand objektiver Kriterien vergleichen lassen und bei denen Preisdifferenzen eine große Rolle spielen. Aus diesem Grund sind Produzenten von Erzeugnissen für die Bau Branche prädestiniert für den direkten Vertrieb. Bauherren oder Handwerksfirmen suchen im Internet gezielt nach den passenden Erzeugnissen und nehmen anhand technischer Produktmerkmale eine sichere Auswahl vor.

Die Vertikalisierung setzt den Fachhandel unter Druck. Derzeit ist der Baustofffachhandel noch erste Anlaufstelle für Bauherren und Handwerksbetriebe. Der Hersteller-Direktvertrieb ist jedoch bereits auf dem Vormarsch und wird zur ernsthaften Konkurrenz.

Folgende Firmen sind Beispiele für Produzenten, bei denen die Vertikalisierung erfolgreich verlaufen ist und die mittlerweile einen beträchtlichen Teil ihres Umsatzes über den Direktvertrieb mit dem eigenen Online-Shop erzielen:

  • Wuerth (Dübel)
  • Bosch (Weiße Ware, Zubehör)
  • Wodurch zeichnet sich der Trend zum Direktvertrieb aus?

Als Direktvertrieb wird der Verkauf von Produkten durch den Hersteller an den Endkunden bezeichnet, ohne dass Groß- und Einzelhandel als Zwischenhändler eingeschaltet werden. Die Waren werden entweder direkt in der Wohnung, einem wohnungsnahen Ort oder im Falle von Produkten für den Hausbau an der Baustelle verkauft. Nutzen Handwerker den Direktvertrieb, erfolgt der Verkauf in deren Betrieb.

Die Vertikalisierung kann über Außendienstmitarbeiter erfolgen, oft werden jedoch digitale Vertriebskanäle genutzt. Produzenten eröffnen eigene Online-Shops, um die Waren zu vermarkten und liefern diese dann direkt auf die Baustelle. Eine Umfrage aus dem Jahr 2018 ergab, dass der Fachhandel bisher noch leicht im Vorteil ist und 52 Prozent aller Baustoffe dort gekauft werden.

Der Hersteller-Vertrieb ist jedoch bereits eine feste Größe und erreicht einen Marktanteil von knapp 30 Prozent – Tendenz steigend. In diesen Fällen erfolgt der Verkauf über eine direkte Ansprache des Herstellers per Telefon, Fax oder E-Mail. Elf Prozent der Käufe werden über die Online-Shops getätigt.

Eine andere Studie des Instituts BauInfoConsult aus dem Jahr 2018 bezieht sich auf eine Umfrage unter europäischen Bauunternehmen. Dabei wurde festgestellt, dass besonders in Deutschland, Italien und Spanien ein Trend hin zur Vertikalisierung zu beobachten ist. Laut dieser Studie kaufen 64 Prozent aller Bauunternehmer teilweise direkt beim Produzenten ein, wobei das Einkaufsvolumen dieser Einkäufe 30 Prozent beträgt.

Die Vertikalisierung setzt den Fachhandel unter Druck. Derzeit ist der Baustofffachhandel noch erste Anlaufstelle für Bauherren und Handwerksbetriebe. ( Foto: Shutterstock- _Mars0hod )

Die Vertikalisierung setzt den Fachhandel unter Druck. Derzeit ist der Baustofffachhandel noch erste Anlaufstelle für Bauherren und Handwerksbetriebe. ( Foto: Shutterstock- _Mars0hod )

Gründe für die zunehmende Vertikalisierung der Baustoffhersteller

Es ist absehbar, dass der Trend hin zu einer immer stärkeren Vertikalisierung anhalten und sich sogar weiter verstärken wird. Ein Grund für diese Entwicklung ist die fortschreitende Digitalisierung der gesamten Wirtschaft, die auch die Bau Branche nachhaltig beeinflusst.

Digitalisierte Prozesse bieten den produzierenden Firmen die Möglichkeit, ihre Produkte ohne Investition in eigene Ladengeschäfte direkt online zu verkaufen. Die Bestellungen, Lieferungen und die Bezahlung werden über standardisierte, digitale Prozesse abgewickelt, sodass die Attraktivität des Direktvertriebs steigt.

Auf Seiten der Kunden ist die Digitalisierung ebenfalls ein wichtiger Faktor, der für den direkten Einkauf beim Hersteller spricht. Das Angebot wird transparenter und somit ist es wesentlich einfacher, die passenden Baustoffe in der gewünschten Spezifikation zu finden. Eine Beratung im Fachhandel ist in vielen Fällen nicht nötig, sodass andere Einkaufskanäle genutzt werden.

Außerdem ist zu beobachten, dass mittlerweile der überwiegende Teil aller Bestellungen per E-Mail erfolgt. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Bestellung beim Handel oder direkt beim Hersteller aufgegeben wird. Diese Entwicklung führt dazu, dass die Bindung zum Händler an Bedeutung verliert.

Es ist egal, ob man die Bestell-E-Mail an den Handel oder direkt an den Online-Shop des Herstellers sendet. Entscheidungsrelevant sind lediglich die Produktqualität, die Preise sowie die Lieferzeiten und -konditionen. Gelingt es den Produzenten, in diesen Bereichen zu punkten, werden die Käufer sich für diesen Vertriebsweg entscheiden.

Ein wichtiger Faktor, der für eine Vertikalisierung spricht, ist der zunehmenden Preisdruck. ( Foto: Shutterstock-   anmbph )

Ein wichtiger Faktor, der für eine Vertikalisierung spricht, ist der zunehmenden Preisdruck. ( Foto: Shutterstock- anmbph )

Die Vorteile der Vertikalisierung

Die Vertikalisierung gibt Produzenten die Chance, sich als Partner der Kunden zu positionieren. Es wird möglich, die eigene Marke direkt zu bewerben. Das Unternehmen wird als Experte für die Herstellung des Produkts wahrgenommen, sodass die Käufer ein hohes Maß an Vertrauen in die Produkte setzen.

Darüber hinaus bieten Online-Shops neue Möglichkeiten, mit den Kunden in eine Interaktion zu treten und das Marketing zu personalisieren.

Ein wichtiger Faktor, der für eine Vertikalisierung spricht, ist der zunehmenden Preisdruck. Wird die Stufe des Fachhandels übersprungen, können die Produkte günstiger angeboten werden, sodass die Produzenten Wettbewerbsvorteile realisieren.

Das Internet bietet den Käufern die Möglichkeit, sich sehr schnell und umfassend über das Angebot zu informieren. Somit haben Produzenten, die ihre Erzeugnisse direkt vertreiben, einen großen Vorteil, wenn sie die Kostenvorteile an den Kunden weitergeben.

Doch auch hinsichtlich des zeitlichen Aufwands bietet die Vertikalisierung Vorteile. Fehlen auf der Baustelle bestimmte Baustoffe, können diese mit wenigen Klicks online geordert werden.

Die Alternative ist die Fahrt zum nächsten Fachhändler, der jedoch aufgrund der riesigen Sortimente in den verschiedenen Bereichen des Bauhandwerks nicht alles vorrätig hat. Der direkte Weg ist also meist der schnellste und führt Bauherren und Handwerker immer häufiger zur Website des Herstellers.

Die Vorteile des Einkaufs im Internet werden außerdem von Online-Shops genutzt, die nicht von den Herstellerfirmen betrieben werden, sich jedoch auf eine ganz bestimmte Marktnische spezialisiert haben. (Foto: Shutterstock-marog - pixcells)

Die Vorteile des Einkaufs im Internet werden außerdem von Online-Shops genutzt, die nicht von den Herstellerfirmen betrieben werden, sich jedoch auf eine ganz bestimmte Marktnische spezialisiert haben. (Foto: Shutterstock-marog – pixcells)

Alternative zur Vertikalisierung: spezialisierte Online-Shops

Die Vorteile des Einkaufs im Internet werden außerdem von Online-Shops genutzt, die nicht von den Herstellerfirmen betrieben werden, sich jedoch auf eine ganz bestimmte Marktnische spezialisiert haben. Die Unternehmen bieten den Kunden in ihren Web-Shops für diese Marktnische ein umfassendes Sortiment verschiedener Hersteller an. Darüber hinaus profitieren die Verbraucher von einer ausführlichen Beratung.

Folgende Online-Shops bieten Baufirmen, Bauherren und Handwerksfirmen spezialisierte Sortimente:

Digitalisierung und Vertikalisierung: Der Trend geht zum Online-Handel

Die Digitale Transformation ist der Mega-Trend, der die gesamte Wirtschaft betrifft und Unternehmen jeder Branche erfasst. Mit der fortschreitenden Digitalisierung gewinnt der Online-Handel weiter an Bedeutung, denn die Prozesse der Bestellabwicklung verlaufen standardisiert.

Außerdem nutzen immer mehr Käufer das Internet nicht nur als Informationsquelle, sondern kaufen direkt in den Web-Shops ein.

Die Produzenten der Bau Branche werden mit der Eröffnung eigener Online-Shops zum Partner für den Endkunden. Daraus ergeben sich neue Geschäftsmodelle und Möglichkeiten, das Marketing unabhängig vom Handel selbst zu gestalten.

Ziel der Unternehmen ist es, sich als starke Marke zu etablieren und die Beziehung zum Verbraucher zu festigen. Die Vertikalisierung wird durch personalisierte Maßnahmen des Online Marketings unterstützt.

Handwerksfirmen, Bauherren und Baufirmen schätzen die Vorteile des Einkaufs beim Produzenten. Ein breites Angebot, schnelle Lieferzeiten, fachkundige Beratung sowie Preisvorteile und die Bequemlichkeit, die ein Einkauf im Internet bietet, sind entscheidende Argumente.

Inwieweit sich der Direktvertrieb durchsetzen wird, hängt jedoch besonders von einem Faktor ab: der Verfügbarkeit. Produzenten sind dann ernsthafte Konkurrenten des Fachhandels, wenn sie eine genauso schnelle oder sogar schnellere Lieferung ermöglichen.

1 Kommentar

  1. Toller Beitrag und Ja, der Trend geht zum Onlinevertrieb. Wir haben selber einen großen Onlinehandel und stellen fest wie die Tendenz immer weiter steigt. Vor allem im Jahr 2020 hatten wir einen Anstieg der Speditionskosten von über 60%. Daran sieht man ganz gut, dass auch im Bereich Baustoffe, es immer beliebter wird das gewünschte Produkt einfach schnell übers Netz zu bestellen.

    Liebe Grüße
    Lena

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