Kündigung Eigenbedarf: Mehr Rechte für Mieter

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Vermieter dürfen nur unter bestimmten Bedingungen ein Wohnverhältnis kündigen. Das Stichwort heißt „Kündigung Eigenbedarf“. Damit Mieter besser vor willkürlichen Kündigungen wegen Eigenbedarf geschützt sind, haben Gerichte mit ein paar wichtigen Urteilen den Mieterschutz gestärkt.

Kündigung bei Eigenbedarf: Was bedeutet das eigentlich?

Die Kündigung bei Eigenbedarf ist in Deutschland im Bürgerlichen Gesetzbuch festgelegt. Wenn sich Mieter oder Vermieter also über diese Art der Beendigung der Mitverhältnisses informieren wollen, müssen sie dort reinschauen. Nach §573 Abs. 2, Nr. 2 BGB ist die Kündigung wegen Eigenbedarf nur dann möglich, wenn der Vermieter seinerseits „ernsthafte, vernünftige und nachvollziehbare Gründe“ für den Eigenbedarf der betreffenden Wohnung nennen, begründen und damit ein berechtigtes Interesse an der Eigennutzung der Immobilie nachweisen kann.

Die Beweispflicht liegt also beim Vermieter. Er ist in der Pflicht, nachzuweisen, warum er selbst oder eine ihm nahestehende Person in die bislang vermietete Wohnung einziehen soll. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn der Vermieter seine Wohnung für sich oder Familienangehörige wie etwa die eigenen Kinder, die Eltern oder Enkel, die Geschwister, die Großeltern, sogar die Nichten oder die Stiefkinder nutzen will.

Zwingend muss die Person nicht einmal mit dem Vermieter verwand sein: So ist es auch erlaubt, Haushaltshilfen oder sogar benötigtes Pflegepersonal in der Wohnung einzuquartieren. Enorm wichtig zum Beispiel bei weitentfernten Verwandten ist es dabei aber, dass ein enger sozialer Kontakt zum Vermieter besteht. Je weiter der Verwandtschaftsgrad also ist, desto persönlicher muss der Kontakt sein. Das hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 3. März 2009, Az. VIII ZR 247/08 festgelegt.

Wenn man als Mieter eine Kündigung wegen Eigenbedarf erhält, sollte man immer sicherstellen, dass der Vermieter sich an die gesetzlichen Vorschriften der Kündigung bei Eigenbedarf gehalten hat. Die folgende Checkliste für Mieter listet die wichtigsten Regeln und Fragen, auf die der Vermieter bei der Kündigung achten muss. (#01)

Wenn man als Mieter eine Kündigung wegen Eigenbedarf erhält, sollte man immer sicherstellen, dass der Vermieter sich an die gesetzlichen Vorschriften der Kündigung bei Eigenbedarf gehalten hat. Die folgende Checkliste für Mieter listet die wichtigsten Regeln und Fragen, auf die der Vermieter bei der Kündigung achten muss. (#01)

 

Kündigung Eigenbedarf: Die Mieter-Checkliste

Wenn man als Mieter eine Kündigung wegen Eigenbedarf erhält, sollte man immer sicherstellen, dass der Vermieter sich an die gesetzlichen Vorschriften der Kündigung bei Eigenbedarf gehalten hat.

Die folgende Checkliste für Mieter listet die wichtigsten Regeln und Fragen, auf die der Vermieter bei der Kündigung achten muss.

  • Wurde die Kündigungsfrist eingehalten?
  • Wurde die entsprechenden Formalien verwendet und die Eigenbedarfskündigung in schriftlicher Form vorgelegt?
  • Hat der Vermieter der Wohnung einen Grund für den Eigenbedarf genannt und zudem die den Namen der Person angegeben, die in die Wohnung einziehen soll?
  • Kann die Kündigung wegen Eigenbedarf aus irgendwelchen Gründen seitens des Mieters wie etwa Schwangerschaft oder einer Erkrankung eventuell verzögert werden?
  • Ist die Kündigung vielleicht rechtsmissbräuchlich? Könnte der Vermieter zum Beispiel eventuell ein anderes Objekt für den Eigenbedarf nutzen?

Video: Wohungskündigung wegen Eigenbedarf – legal ?

Kündigung Eigenbedarf: Aktuelle Urteile für mehr Mieterschutz

Der Bundesgerichtshof hat in jüngerer Vergangenheit mit mehreren Urteilen zur Kündigung wegen Eigenbedarf die Rechte der Mieter gestärkt. Einen Überblick über drei dieser Urteile gibt es hier.

Fall 1: Eigenbedarf für berufliche und geschäftliche Nutzung

Wenn der Vermieter seine eigene Mietwohnung zu beruflichen oder geschäftlichen Zwecken nutzen möchte, kann er das nicht mit gesetzlich geregelten Eigenbedarf zu Wohnzwecken rechtfertigen. Sollte ein solcher Fall auftreten, muss immer einzeln geprüft werden, ob das Interesse der geschäftlichen Nutzung des Vermieters größer ist als Interesse des Mieters, in der Wohnung zu verbleiben.

Hintergrund für dieses Urteil ist ein Fall, in dem aus einer Wohnung ein Büro werden sollte. Die Vermieterin kündigte das Mietverhältnis der 27 Quadratmeter großen Zweizimmerwohnung mit folgender Begründung auf: Der Ehemann würde die Wohnung für sein Beratungsunternehmen brauchen, welches er im gleichen Anwesen betreibt. Die räumliche Kapazität der dafür angemieteten Räume sei ausgeschöpft und die auch als Beratungsräume genutzten Büroräume seien überfrachtet mit Akten und Regalen. Aus diesen Gründen bräuchte der Ehemann der Vermieterin die Wohnung des Mieters, um einen zusätzlichen Arbeitsplatz samt Archiv einzurichten. Die Vermieterin erwirkte eine Räumungsklage gegen den Mieter.

Das zuständige Amts- und Landgericht hat den Kündigungsgrund an sich zwar bejaht, da das Interesse der Vermieterin an der Wohnung berechtigt wäre, allerdings griffen in Berlin Vorschriften zur Zweckentfremdung von Wohnraum. Die Kündigung wegen Eigenbedarf war in diesem Fall nicht möglich.

Auch vor dem Bundesgerichtshof wurde die von der Vermieterin erwirkte Räumungsklage für nicht zulässig erklärt, da es nicht rechtens ist, Berufs- oder Geschäftsbedarf als ungeschriebene weitere Kategorie eines typischerweise anzuerkennenden Vermieterinteresses zu behandeln und deswegen die Wohnung wegen Eigenbedarf zu kündigen. Der BGH plädierte stattdessen für eine Prüfung jedes einzelnen Falls, bei der geklärt werden soll, ob ein berechtigtes Interesse des Vermieters besteht, den Mietvertrag über die Wohnung zu kündigen. Das ist zum Beispiel nicht der Fall, wenn der Vermieter die Mietwohnung – wie im vorliegenden Fall – nicht als Wohnraum benötigt, sondern sie einer gewerblichen Nutzung zuführen will. Denn dann ist der Tatbestand des Eigenbedarfs nicht erfüllt.

Video: Kündigung der Wohnung wegen Eigenbedarfs trotz Schwerbehinderung?

Fall 2: Wegfall von Eigenbedarf

Wenn ein Vermieter einem Mieter gegenüber eine Kündigung wegen Eigenbedarf ausspricht und dann nicht umsetzt, muss der Vermieter genau begründen, warum der vorher vorhandene Bedarf nachträglich nicht mehr besteht. Sollte der Vermieter diese Begründung nicht vorbringen können, kann man davon ausgehen, dass der Eigenbedarf der Wohnung nur vorgetäuscht war. In einem solchen Fall kann der Mieter vom Vermieter Schadenersatz verlangen.

Hintergrund ist ein Fall, in dem die betreffende Eigenbedarfsperson doch nicht in die Wohnung eingezogen ist. Der ehemalige Mieter einer Wohnung in der dritten Etage eines Mehrfamilienhauses verlangte vom Vermieter seiner Wohnung Schadensersatz aufgrund einer seiner Meinung nach unberechtigten Kündigung des Mietverhältnisses. Die Kündigung des Mitverhältnisses verlief in dem vorliegenden Fall ordentlich. Der Vermieter wollte die betreffende Wohnung für den neuen Hausmeister verwenden.

Da der Mieter zunächst nicht aus der Wohnung ausgezogen ist, erwirkte der Vermieter eine Räumungsklage. Im Rahmen dieses Räumungsprozesses kam es dann zu einem Vergleich zwischen den beiden Parteien im Sommer 2011. In diesem Vergleich verpflichtete sich der Mieter dazu, die Wohnung bis zum Ende 2011 zu räumen. Zum tatsächlichen Auszug kam es dann Ende Oktober 2011. Statt des angekündigten Hausmeisters zog danach eine Familie in die Wohnung. Da dem Mieter durch den Umzug verschiedene Kosten einstanden waren, verlangte er Schadensersatz unter anderem für die Umzugskosten, die Mehrkosten, die ihm durch die höhere Miete für die neue Wohnung entstanden sind und zudem die Kosten für den Weg zur Arbeit, den er wegen seiner neuen Wohnung nicht mehr zu Fuß zurücklegen konnte. Dazu kamen die Prozesskosten des Räumungsrechtsstreits. Insgesamt belief sich die Summe auf knapp 26.000 Euro.

Das Landgericht hat die Schadenersatzklage des Mieters zunächst abgewiesen. Die Begründung war, dass der Mieter im Rahmen des Räumungsvergleiches ja bereits auf eventuelle Schadensersatzansprüche wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs verzichtet hätte. Der BGH hob in seinem Urteil vom 10.6.2015 (VIII ZR 99/14) das Urteil des Landgerichtes auf, weil dem betreffenden Vergleich nicht zu entnehmen war, dass der Mieter auf eventuelle Schadensersatzansprüche wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs verzichtet. Ein stillschweigender Verzicht würde nur in Frage kommen, wenn bedeutsame Umstände vorliegen, die auf einen Verzichtswillen seitens des Mieters schließen lassen.

Im vorliegenden Fall wies das Landesgericht nach der Zurückverweisung des Bundesgerichtshofes die Schadensersatzklage erneut ab. Das Gericht war wegen Zeugenaussagen davon überzeugt, dass der behauptete Eigenbedarf für die Wohnung tatsächlich bestanden hat.

Der Vermieter habe plausibel darlegen können, dass ihn der neue Hausmeister erst im November 2011, also einen Monat nach dem Auszug des vorherigen Mieters, darüber informiert habe, nicht in die betreffende Wohnung einziehen zu können. Die Entscheidung des Gerichts: Der Vermieter muss Wegfall von Eigenbedarf gut begründen können, wovon es in diesem Fall überzeugt war.

Der BGH hob dieses Urteil erneut auf und verwies den Rechtsstreit wieder an das Landgericht zurück. Sollte der Vermieter den Eigenbedarf nur vorgetäuscht haben und das Gericht kann das beweisen, muss der Vermieter Schadenersatz zahlen, sollte der Mieter durch den Umzug Vermögenseinbußen erlitten haben.

Video: Eigenbedarfskündigung: Schadensersatz bei vorgetäuschtem Eigenbedarf I Rechtsanwalt Bredereck

  • Fall 3: Härtefälle bei Eigenbedarf müssen besonders geprüft werden

Eine Kündigung wegen Eigenbedarf ist nicht immer unkompliziert. Beruft sich ein Mieter zum Beispiel nach einer berechtigten Kündigung wegen Eigenbedarf durch den Vermieter darauf, dass ein Auszug und Umzug ihn eine besondere Härte darstellen würde, ist das Gericht dazu verpflichtet, sich damit sorgfältig auseinandersetzen.

Hier geht es tatsächlich um eine Einzelfallbeurteilung, da eine schematische Beurteilung der Härtegründe schlicht nicht ausreicht. Als Härtegründe gelten dabei alle Umstände, die über die normalen Unannehmlichkeiten eines Umzugs hinausgehen.

Im vorliegenden Fall haben die Erben des Vermieters einer Wohnung von den Mietern die Räumung einer Wohnung im Erdgeschoss eines Mehrfamilienhauses verlangt. Der Vermieter hatte eine Kündigung wegen Eigenbedarf ausgesprochen, mit der Begründung, dass die vierköpfige Familie seines Sohnes, der im Obergeschoss wohnt, die betreffende Wohnung mit der eigenen zusammenlegen will. Die Mieter der Wohnung widersprachen der Kündigung und könnten eine Fortsetzung des Mietverhältnisses aufgrund persönlicher Härte verlangen, denn der 87-jährige Mieter habe zahlreiche gesundheitliche Einschränkungen wie zum Beispiel Demenz.

Aus diesem Grund habe es schlimme gesundheitliche Folgen, wenn er aus seiner gewohnten Umgebung geholt würde. Ein Umzug in ein Altersheim wäre nach dem Verlust der Wohnung unausweichlich. Die noch fitte Ehefrau des Mieters lehne es aber ab, mit ihrem Ehemann in ein Heim zu gehen oder ihn alleine dorthin zu schicken und in eine neue Wohnung zu ziehen.

Vor dem Amts- und Landgericht hatte die Räumungsklage der Vermieter Erfolg, der BGH hob dieses erste Urteil jedoch auf und verwies den Fall wieder zurück ans Landgericht. Die Entscheidung vom BGH besagt nämlich, dass ein Gericht in solchen Fällen immer genau hinschauen muss. Denn der Mieter kann einer gerechtfertigten ordentlichen Kündigung widersprechen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für ihn eine besondere Härte bedeuten würde, die auch das berechtigten Interessen des Vermieters nicht rechtfertigen kann.


Bildnachweis:©Shutterstock-Titelbild: YAKOBCHUK VIACHESLAV -#01: Stokkete

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