Ausschreibungsarten: Verschiedene Verfahren führen zum Zuschlag

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Werden Unternehmen zur Abgabe eines Angebots aufgefordert, nehmen sie an einer Ausschreibung teil. Verschiedene Ausschreibungsarten sind möglich, wobei sie teilweise auch in der Privatwirtschaft zur Anwendung kommen.

Verschiedene Ausschreibungsarten: Gesetzgeber gibt Ausschreibung für Bauvorhaben vor

Als Ausschreibung wird die schriftliche Aufforderung, ein Angebot für eine Lieferung oder Leistung abzugeben, bezeichnet. In der Regel wird der beauftragte Architekt eine entsprechende Anzeige in Zeitungen oder Zeitschriften sowie auf speziellen Vergabeplattformen schalten. Die Kosten dafür werden über die HOAI abgerechnet bzw. sind sie im Angebot des Architekten bereits enthalten gewesen.

Wichtig: Die Ausschreibung muss öffentlich und schriftlich erfolgen, damit ein eingehendes Angebot rechtlich gültig ist. Außerdem sind bestimmte Fristen zu setzen, bis zu denen das Angebot abzugeben ist. Danach wird der Zuschlag erteilt.

Verschiedene Ausschreibungsarten möglich

Ausschreibungen werden vor allem bei öffentlichen Bauvorhaben genutzt, dort gibt der Gesetzgeber die öffentliche Aufforderung zur Angebotsabgabe vor. Doch auch in der Privatwirtschaft oder bei Bauvorhaben von Privatpersonen werden Ausschreibungen eingesetzt, um dem Unternehmen den Zuschlag zu erteilen, welches am günstigsten ist oder die besten Leistungen bietet.

Gewerbeunternehmen und öffentliche Einrichtungen sind durch den Gesetzgeber dazu verpflichtet, eine Ausschreibung durchzuführen, wenn für das betreffende Bauvorhaben öffentliche Fördergelder verwendet werden sollen. Durch die Ausschreibung sollen Vetternwirtschaft und Betrug vorgebeugt werden.

Gewerbliche Unternehmen können zwar Ausschreibungen vornehmen, sind jedoch nicht an die Vergabeverordnung gebunden, in der zwischen den folgenden Ausschreibungsarten unterschieden wird:

  • Offenes Verfahren

    Das offene Verfahren ist der Regelfall unter den Ausschreibungsarten und wird immer dann verwendet, wenn es keine besonderen Vorgaben oder Umstände gibt, die bei der Vergabe zu berücksichtigen sind. Eine unbegrenzte Anzahl von Unternehmen kann durch den Architekten oder durch den Bauherren angeschrieben und zur Abgabe des Angebots aufgefordert werden. Fristen für die Einreichung der Angebote werden dennoch gesetzt, außerdem werden in der Regel Vergaberichtlinien festgelegt, nach denen der Zuschlag erteilt wird.

    Verwaltungen sind in Deutschland in jedem Fall dazu verpflichtet, eine öffentliche Ausschreibung durchzuführen, die Vergabestelle wird sinnvolle Vergabeverfahren wählen. Der Auftraggeber hat in der Regel die Wahl zwischen einer normalen öffentlichen Ausschreibung und einer beschränkten Ausschreibung, die mit einem Teilnehmerwettbewerb durchgeführt wird. Eine beschränkte Ausschreibung soll allerdings nach dem Willen des Gesetzgebers ebenso wie die Freihändige Vergabe eher die Ausnahme darstellen, ein offenes Verfahren ist zu bevorzugen.

    Jede Ausschreibung ist unterschiedliche anzugehen. (Foto: Shutterstock-Gorodenkoff )

    Jede Ausschreibung ist unterschiedliche anzugehen. (Foto: Shutterstock-Gorodenkoff )

  • Nicht offenes Verfahren

    Bei den Ausschreibungsarten können die möglichen Bieter eingeschränkt werden, was zum Beispiel im nichtoffenen Verfahren der Fall ist. Dies ist zum Beispiel nötig, wenn aus Gründen der Geheimhaltung kein offenes Verfahren angestrebt wird. Bei einem nichtoffenen Verfahren ist die Anzahl der Teilnehmer bzw. der Teilnehmerkreis von vornherein eingeschränkt. Die Auswahl erfolgt nach vorher festgelegten Kriterien, die für die Erfüllung des Auftrags nötig sind. Diese können sich auf Lieferzeiten und Erfüllungsfristen, auf Unternehmensgrößen und deren maschinelle Ausstattung beziehen.

  • Verhandlungsverfahren

    Die Ausschreibung erfolgt, Bieter geben ihre Angebote ab. Danach wird über einzelne Vertragsbedingungen verhandelt, auch über den gebotenen Preis kann hier verhandelt werden. Zulässig ist das Verhandlungsverfahren nur in dem Fall, wenn die Ausschreibungsarten „Offenes Verfahren“ und „Nichtoffenes Verfahren“ für nicht sinnvoll eingestuft worden sind.

  • Wettbewerblicher Dialog

    Verhandlungsverfahren und nichtoffenes Verfahren werden bei dieser Variante einer Ausschreibung gemischt. Im ersten Schritt werden hier alle einzelnen Punkte des künftigen Vertrags ausgehandelt, im zweiten Schritt erfolgt die eigentliche Ausschreibung. Beteiligte Unternehmen können sich nun bewerben und ihr Angebot abgeben. Meist müssen hierfür Referenzen und Eignungen zur Ausführung des Auftrags nachgewiesen werden.

  • Innovationspartnerschaft

    Diese Ausschreibungsart basiert auf dem wettbewerblichen Dialog, wobei Bieter mit der Entwicklung eines individuellen Lösungswegs betraut werden. Sie werden dann bei der Vergabeentscheidung berücksichtigt, eine neuerliche Ausschreibung ist nicht nötig. Ein Wettbewerb unter den potenziellen Teilnehmern ist vorgesehen.

    Der Gesetzgeber gibt Richtlinien für das Ausschreibungsverfahren vor ( Foto: Shutterstock- Surapol USanakul)

    Der Gesetzgeber gibt Richtlinien für das Ausschreibungsverfahren vor ( Foto: Shutterstock- Surapol USanakul)

  • Freihändige Vergabe

    Ein förmliches Vergabeverfahren wie bei anderen Ausschreibungsarten gibt es hier nicht, der Zuschlag wird für das beste Angebot vergeben. Dies ist allerdings nur möglich, wenn besondere Voraussetzungen erfüllt sind. Eine Möglichkeit für die freihändige Vergabe besteht darin, wenn als Leistungserbringer nur ein bestimmtes Unternehmen infrage kommt oder wenn die Leistung besonders rasch erbracht werden muss.

    Die Vergabeverordnung sieht als mögliches Auftragsvolumen einen Preis von bis zu 10.000 Euro netto vor, bis zu dem eine freihändige Vergabe möglich ist. Sie gilt als das am geringsten an eine Form gebundene Verfahren und erlaubt dennoch Verhandlungen mit dem Bieter. Teilweise darf jedoch nur das Verhandlungsverfahren angewendet werden, die freihändige Vergabe ist dann nicht möglich.

  • Zwei- oder mehrstufiges Verhandlungsverfahren

    Wird ein zwei- oder mehrstufiges Verhandlungsverfahren angewendet, müssen im Gegensatz zu anderen Ausschreibungsarten gleich zwei Etappen durchlaufen werden. Diese sind zeitlich voneinander zu trennen und bestehen im Einzelnen aus dem Auswahlverfahren sowie aus der Erteilung des Zuschlags. Im ersten Schritt wird der Anbieter zur Abgabe des Angebots aufgefordert, wobei der Kreis der Bieter durch einen Teilnehmerwettbewerb eingeschränkt werden kann.

    Hierfür sind Teilnahmeanträge einzureichen. Auf diese werden Eignungskriterien angewendet, außerdem können die Kriterien für den Zuschlag bereits an dieser Stelle herangezogen werden. Nach eingehender Prüfung der Teilnehmer wird die Wahl getroffen und es werden verschiedene Bieter bestimmt. Diese müssen nun ein Angebot innerhalb gesetzter Fristen abgeben bzw. erhalten eine entsprechende Aufforderung übermittelt. Letzten Endes erfolgt die Prüfung der Angebote anhand der Vergabekriterien sowie die Erteilung des Zuschlags an einen Bieter.

  • Rahmenvereinbarung

    Wird eine Vereinbarung zwischen einem oder mehreren Ausschreibenden getroffen, gilt dies als Rahmenvereinbarung. Diese soll dazu dienen, alle Bedingungen im Vorfeld bereits festlegen zu können. Hier gelten zum Beispiel Festlegungen bezüglich des Preises, der durch die Angebote nicht überschritten werden darf. Im Gegensatz zu anderen Ausschreibungsarten wird damit ein Rahmen für die Angebote gesetzt, in dem sie sich bewegen müssen.

    Alle Teilnehmer, die bei der Ausschreibung mitmachen und nicht innerhalb des Rahmens bleiben, werden direkt aussortiert. Wichtig ist dafür, dass das Auftragsvolumen möglichst genau geschätzt wurde, die Gesamtmenge ist für die Rahmenvereinbarung anzugeben. Dies hat der Europäische Gerichtshof mit seinem Urteil vom 19.12.2018 (Az.: C-216/17) derart entschieden. Eine Rahmenvereinbarung muss zeitlich befristet werden und darf höchstens für sechs Jahre gelten.

Wer als Auftraggeber einen gravierenden Fehler erkennt und den Bieter nicht darauf hinweist, ihm aber dennoch den Zuschlag erteilt, nimmt wissentlich Nachteile für den Bieter in Kauf und handelt laut Gesetzgeber rechtsmissbräuchlich. ( Foto: Shutterstock-_Blue Planet Studio )

Wer als Auftraggeber einen gravierenden Fehler erkennt und den Bieter nicht darauf hinweist, ihm aber dennoch den Zuschlag erteilt, nimmt wissentlich Nachteile für den Bieter in Kauf und handelt laut Gesetzgeber rechtsmissbräuchlich. ( Foto: Shutterstock-_Blue Planet Studio )

Fehlerhafte Ausschreibungen: Haftet der Bieter oder der Auftraggeber?

Alle Ausschreibungsarten können mit Fehlern behaftet sein. Was aber gilt, wenn der Bieter einen gravierenden Fehler macht – wer haftet dafür? Grundsätzlich gilt hierbei, dass Bieter bis zum Ablauf der Fristen an ihr Angebot gebunden sind und dieses nicht einfach wieder ändern können. Die rechtliche Bindungswirkung eines Angebots kann nur in bestimmten Fällen umgangen werden. In der Regel ist der Auftraggeber nicht dazu verpflichtet, eine solche Änderung hinzunehmen bzw. ihr zuzustimmen!

Es ist ebenfalls nicht seine Aufgabe, ein Angebot auf einen möglichen Fehler in der Kalkulation zu überprüfen und entsprechende Auskünfte über die Richtigkeit des Angebots einzuholen. Ist der Irrtum in der Kalkulation des Angebots aber offensichtlich, für den Auftraggeber direkt zu erkennen und würde er gravierende Nachteile für den Bieter haben, muss der Auftraggeber den Bieter auf dessen Fehler hinweisen. So urteilte das Oberlandesgericht Dresden am 2. Juli 2019 (Az.: 16 U 975/19).

Das heißt, wenn der Auftraggeber eine fehlerhafte Ausschreibung erkennen kann, ist es seine Pflicht, auf die Interessen des Bieters Rücksicht zu nehmen und ihm die Chance auf Nachbesserung zu geben. Dies gilt für alle Ausschreibungsarten gleichermaßen und ist nach Abwägung der Zumutbarkeit des Fehlers anzuwenden.

Wer als Auftraggeber einen gravierenden Fehler erkennt und den Bieter nicht darauf hinweist, ihm aber dennoch den Zuschlag erteilt, nimmt wissentlich Nachteile für den Bieter in Kauf und handelt laut Gesetzgeber rechtsmissbräuchlich. Tritt der Bieter daraufhin vom Vertrag zurück, kann der Auftraggeber ihn nicht auf Schadensersatz verklagen, weil der Vertrag nicht wie gewünscht erfüllt wurde.

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