Briefkasten leeren: Was ist wirklich Pflicht? (Urteile)

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Gibt es Regelungen, die festlegen, wie oft man seinen Briefkasten leeren muss? Welche rechtlichen Folgen hat es, wenn man im Urlaub oder am Wochenende nicht in den Briefkasten schaut?

Briefkasten leeren: Besteht eine gesetzliche Pflicht?

Die Deutsche Bundespost und auch die Briefzusteller verweisen häufig darauf, dass man täglich den Briefkasten leeren muss, um sich vor rechtlichen Konsequenzen zu schützen. Dies ist zwar nicht korrekt, denn es gibt kein Gesetz, das vorschreibt, wie oft man den Briefkasten leeren muss. Dennoch hat es Folgen, wenn die Post ignoriert wird.

Briefe, die nachweislich im Briefkasten gelandet sind, gelten als zugestellt. Es wird somit davon ausgegangen, dass der Adressat die enthaltenen Informationen zur Kenntnis genommen hat. Ist das nicht der Fall, muss der Empfänger die daraus resultierenden Konsequenzen tragen.

In einem Rechtsstreit vor Gericht ist entscheidend, ob der Absender beweisen kann, dass der Brief im Briefkasten des Empfängers gelandet ist und dieser ihn finden konnte. Für die Bewertung juristischer Folgen ist somit der Zeitpunkt der Zustellung und nicht der Zeitpunkt der Entleerung des Briefkastens entscheidend.

Der tägliche Blick in den Briefkasten gehört für die meisten Menschen zur Routine. ( Foto: Shutterstock-Monkey Business Images)

Der tägliche Blick in den Briefkasten gehört für die meisten Menschen zur Routine. ( Foto: Shutterstock-Monkey Business Images)

Wie oft muss ich meinen Briefkasten leeren?

Der tägliche Blick in den Briefkasten gehört für die meisten Menschen zur Routine. Schließlich möchte man wissen, ob es wichtige Neuigkeiten gibt, die einem per Brief mitgeteilt werden. Der Briefkasten ist unser reales Postfach und auch in Zeiten von E-Mails und WhatsApp werden wichtige Mitteilungen oder persönliche Schreiben immer noch per Post verschickt.

Für viele Hauseigentümer ist der Briefkasten darüber hinaus ein dekoratives Element, mit dem der Eingangsbereich aufgewertet wird. Wer moderne Briefkästen kaufen möchte, kann zwischen einer großen Auswahl an funktionalen, formschönen Modellen wählen. Da macht der tägliche Gang zum Briefkasten doppelt Spaß.

Doch was passiert, wenn man einmal nicht zuhause ist oder einfach keine Lust hat, zum Briefkasten zu gehen und diesen zu leeren? Besonders während der Urlaubszeit oder am Wochenende wird der Briefkasten häufig nicht geleert. Wer keinen freundlichen Nachbarn oder Familienangehörige in der Nähe hat, die während einer längeren Abwesenheit den Briefkasten leeren, steht vor einem Problem.

Für Mieter oder Wohnungseigentümer ist neben der Tatsache, eventuell wichtige Informationen zu spät zu erhalten und Fristen zu versäumen, außerdem die Hausordnung relevant. In den Hausordnungen von Mehrfamilienhäusern ist das tägliche Leeren des Briefkastens oft vorgeschrieben.

Das ist sinnvoll, denn überquellende Briefkästen sind ein unschöner Anblick und zwingen den Postzusteller, die Briefe in den Briefkasten zu quetschen. Ein überquellender Briefkasten ist zudem ein deutliches Signal für Abwesenheit und damit eine Einladung für Einbrecher. Das ist ein weiterer Grund, warum man täglich den Briefkasten leeren sollte.

Video: Urlaub steht vor der Tür – den Briefkasten leeren lassen.

Es stellen sich in diesem Zusammenhang mehrere Fragen:

  1. Muss man im Urlaub den Briefkasten leeren?
  2. Versäumt man Fristen, wenn der Briefkasten nicht geleert wird?
  3. Müssen Arbeitnehmer sonntags den Briefkasten leeren?
  4. Muss man im Urlaub den Briefkasten leeren?

Wie bereits erwähnt, gibt es keinen gesetzlichen Zwang, den Briefkasten zu leeren. Die Konsequenzen, die sich daraus ergeben, wenn wichtige Schreiben ungeöffnet bleiben, sind jedoch erheblich. Informationen durch Nichtöffnen von Post zu ignorieren, schützt nicht davor, dass die damit verbundenen Folgen eintreten. Es ist nicht möglich, sich darauf zu berufen, dass man die Informationen aufgrund des Urlaubs oder einer Geschäftsreise zu spät erhalten hat oder nicht finden konnte.

Überquellende Briefkästen sind ein unschöner Anblick und zwingen den Postzusteller, die Briefe in den Briefkasten zu quetschen. (Foto: Shutterstock-Inked Pixels)

Überquellende Briefkästen sind ein unschöner Anblick und zwingen den Postzusteller, die Briefe in den Briefkasten zu quetschen. (Foto: Shutterstock-Inked Pixels)

Versäumt man Fristen, wenn der Briefkasten nicht geleert wird?

Wer wichtige Schreiben erwartet, die eine Reaktion innerhalb einer bestimmten Frist erfordern, sollte unbedingt dafür sorgen, den Briefkasten täglich zu leeren. Wird die Post zu den üblichen Zeiten zugestellt, beginnen die Fristen am gleichen Tag. Bei spät zugestellter Post gilt der nächste Tag als Beginn der Frist.

Wichtige Briefe sind beispielsweise verwaltungsrechtliche Bescheide, Kündigungen oder Widerrufsbelehrungen. Für den Empfänger stellt sich nach dem Urlaub dann die Frage, ob es möglich ist, die Frist zu verlängern.

Der Briefkasten wurde während längerer Abwesenheit nicht geleert. Was geschieht beim Fristablauf in folgenden Fällen?

  • Kündigungen
  • Widerrufsbelehrungen
  • Behördenbescheide
  • Rechtsfolgen einer nicht zur Kenntnis genommenen Kündigung

Kündigungsschreiben sind empfangsbedürftige Willenserklärungen. Das gilt für die Kündigung des Arbeitgebers ebenso wie für die Kündigung, die der Vermieter ausspricht. Das Versenden der Kündigung per Post ist die Willenserklärung, die gegenüber einem Abwesenden erfolgt.

Damit die Willenserklärung rechtlich wirksam wird, muss sichergestellt werden, dass der Adressat die Kündigung erhalten hat, also eine Chance hatte, diese zu finden. Generell wird davon ausgegangen, dass dies nach Einwurf der Kündigung in den Briefkasten der Fall ist.

Eine Kündigung wird wirksam, wenn sie in den Machtbereich des Empfängers gelangt, zu dem der Briefkasten gehört. Ein Brief gilt als zugestellt, wenn er bis spätestens 18.00 Uhr in den Empfängerbriefkasten eingeworfen wurde. Bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber hat der Arbeitnehmer nur drei Wochen Zeit, gegen die Kündigung Einspruch zu erheben.

Hat der Arbeitnehmer aufgrund eines längeren Urlaubs oder eines Krankenhausaufenthalts nicht von der Kündigung Kenntnis genommen, muss er beweisen, dass er daran gehindert war, die Post zu finden und zu öffnen. Nur dann ist es möglich, einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu stellen.

Nachweis dafür können Atteste vom Arzt, Bestätigungen eines Krankenhausaufenthalts oder die Buchungsbestätigung des Reiseveranstalters sein. Dieser Nachweis muss spätestens zwei Wochen nach dem Urlaub oder dem Krankenhausaufenthalt erbracht werden.

Das Landesarbeitsgericht Köln hat in seinem Urteil vom 15.04.2010 – 10 Ca 11351/09 entschieden, dass die Zustellung bis 18.00 Uhr zum Wirksamwerden des Fristbeginns ausreicht. Damit wurde die Klage eines Arbeitnehmers abgewiesen, der davon ausgegangen war, dass die Post bis 16.00 Uhr zugestellt sein muss, damit an diesem Tag die Einspruchsfrist beginnt.

Video: Wie oft muss man den eigenen Briefkasten leeren? | Rechtsanwalt Christian Solmecke

Welche Folgen hat eine nicht zur Kenntnis genommene Widerrufsbelehrung?

Bei Haustür- oder Fernabsatzgeschäften (Verkäufen am Telefon oder im Internet) muss das Unternehmen dem Kunden eine Widerrufsbelehrung zukommen lassen. Üblicherweise hat man nach Kenntnisnahme der Widerrufsbelehrung zwei Wochen Zeit, den geschlossenen Kaufvertrag zu widerrufen. Hat der Kunde den entsprechenden Brief mit der Widerrufsbelehrung nicht geöffnet, erfolgt keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Im Unterschied zu einer Klage gegen eine erfolgte Kündigung handelt es sich bei einem Widerruf nicht um eine prozessuale Handlung. Ein Widerruf ist eine außergerichtliche Option, einen Vertrag zu kündigen. Es ist also wichtig, Widerrufsfristen zu beachten, da ansonsten der Kaufvertrag als rechtswirksam geschlossen gilt. Wer an der Haustür, per Telefon oder im Internet etwas gekauft hat, sollte täglich den Briefkasten leeren, um die Frist des Widerrufs nicht zu versäumen.

Folgen eines ignorierten Behördenbescheids

Behörden verschicken ihre Verwaltungsbescheide als Brief per Post. Die deutsche Rechtsprechung geht davon aus, dass ein derartiger Bescheid am dritten Tag nach Aufgabe bei der Post als zugestellt und somit bekanntgegeben gilt. Dabei handelt es sich allerdings um eine Vermutung, die vom Bürger widerlegt werden kann.

Dafür muss der Empfänger entsprechende Beweise der verspäteten Zustellung vorlegen, die ein unverschuldetes Versäumen von Fristen für die Einlegung von Rechtsmitteln belegen. Ist dies der Fall, kann er die Wiedereinsetzung in den vorigen beantragen. Nachdem das Hindernis der Zustellung weggefallen ist, hat der Empfänger dafür noch zwei Wochen Zeit.

Video: So bekommst du keine Werbung mehr in den Briefkasten ?

Briefkasten leeren: Beispiele aktueller Rechtsprechung

Da das deutsche Recht keine Pflicht zur täglichen Leerung des Briefkastens vorsieht und häufig keine Zeugen für die Zustellung der Post vorhanden sind, müssen sich deutsche Gerichte immer wieder mit Fällen nicht zur Kenntnis genommener Briefe beschäftigen.

Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein stellte im Urteil vom 13.10.2015, Az. 2 Sa 149/15 fest, dass Arbeitnehmer den Briefkasten sonntags nicht leeren müssen. Demzufolge entfaltet das Kündigungsschreiben, wenn es per Boten an einem Sonntag oder per Post samstags nach 18.00 Uhr zugestellt wurde, erst am Montag seine Wirkung. Dieses Urteil ist insbesondere für Arbeitnehmer, die sich noch in der Probezeit befinden, interessant.

Im vorliegenden Fall war der Sonntag gleichzeitig der letzte Tag der Probezeit. Der Arbeitgeber wollte durch die Zustellung des Briefes per privatem Service verhindern, dass der gesetzliche Kündigungsschutz nach der Probezeit gilt. Die Richter entschieden, dass eine Kündigung erst wirksam wird, wenn sie unter normalen Umständen zur Kenntnis genommen werden kann.

Es ist nicht zu erwarten, dass Arbeitnehmer sonntags den Briefkasten leeren, da sie an diesem Tag nicht mit der Zustellung durch die deutsche Post rechnen müssten. Dass derartige Schreiben auch mit einem anderen Service zugestellt werden können, hat darauf keinen Einfluss.

Ein weiteres Urteil wurde hinsichtlich des Einspruchs gegen einen abgelehnten Baubescheid gesprochen. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf stellte in seinem Urteil vom 18.02.2004 – 4 K 7223/03 fest, dass durch das Vorhandensein eines deutlich beschrifteten Briefkastens sowie eines zusätzlichen Nachtbriefkastens ausreichend Gelegenheit bestanden hätte, den Einspruch gegen die abgelehnte Baugenehmigung fristgerecht einzureichen.

Auf dem Briefkasten waren die Leerungszeiten angegeben und zusätzlich auf den Nachtbriefkasten für die Zustellung von Schreiben nach der letzten Leerung hingewiesen worden. Da der Standort des Nachtbriefkastens vermerkt war, war es zumutbar, diesen zu finden und dort den Einspruch einzuwerfen. Aus diesem Grund kann kein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt werden. Die Einspruchsfrist ist abgelaufen und der Bauantrag somit unwiderruflich abgelehnt.

Ein weiterer Fall beschäftigte den Bundesgerichtshof aufgrund einer Revision, die der Beklagte gegen ein Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom Dezember 2004 eingelegt hatte. Es ging dabei um das Verstreichen einer Einspruchsfrist gegen ein Versäumnisurteil.

Das BGH Urteil vom 19.07.2007 – I ZR 136/05 stellt fest, dass es ausreicht, in Abwesenheit einen Mitbewohner mit dem Leeren des Briefkastens und dem Öffnen erwarteter wichtiger Briefe zu beauftragen. Erweist sich der Mitbewohner als nicht zuverlässig, liegt beim Adressaten der Briefe und Bescheide kein Versäumnis vor. Somit wird die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

Es sollte eigentlich selbstverständlich sein, täglich den Briefkasten zu leeren, denn dort landet nicht nur lästige Werbung, sondern auch wichtige Schreiben von Behörden, Unternehmen oder dem Arbeitgeber. ( Foto: Shutterstock- _Iakov Filimonov )

Es sollte eigentlich selbstverständlich sein, täglich den Briefkasten zu leeren, denn dort landet nicht nur lästige Werbung, sondern auch wichtige Schreiben von Behörden, Unternehmen oder dem Arbeitgeber. ( Foto: Shutterstock- _Iakov Filimonov )

Briefkasten leeren: in Abwesenheit Nachbarn oder einen Service beauftragen

Es sollte eigentlich selbstverständlich sein, täglich den Briefkasten zu leeren, denn dort landet nicht nur lästige Werbung, sondern auch wichtige Schreiben von Behörden, Unternehmen oder dem Arbeitgeber. Mit dem Einwurf der Briefe in den Briefkasten gelten diese als zugestellt und somit zur Kenntnis genommen. Verstreichen aufgrund längerer Urlaube oder Krankenhausaufenthalte Einspruchs- oder Widerrufsfristen, muss man beweisen, dass man keine Gelegenheit hatte, den Brief zu lesen.

In diesem Fall ist es möglich, einen Antrag auf Wiedereinsetzen in den vorigen Stand zu stellen. Um sich diese Probleme zu ersparen, sollte man während längerer Abwesenheit jemanden mit dem Entleeren des Briefkastens beauftragen. Es gibt außerdem einen kostenpflichtigen Service der Post, der die Briefe sammelt und zum vereinbarten Zeitpunkt zustellt.

Mittlerweile bieten private Firmen ebenfalls einen derartigen Service an. Sie leeren den Briefkasten, leiten die Post weiter oder digitalisieren wichtige Inhalte und schicken diese per Mail an den Adressaten.

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